Die Windenergie gilt als sogenannte saubere Energie, als eine unter mehreren Alternativen zu den traditionellen fossilen Energiequellen. Auch auf den luftigeren Koppen unseres schönen Landes drehen bereits einige futuristisch anmutende Windmühlen. Weitere Anlagen sind geplant. Doch lohnt der Aufwand sich tatsächlich? Georges Zens hat nachgefragt, die Fotos sind von Roland Miny.
Ersparte Schadstoffe: Schwefeldioxid: 23.288 kg Stickoxide: 9.184 kg Kohlendioxid (CO2) 3.116 t Flugasche: 229,6 t Kohlenmonoxid: 2.952 kg oder radioaktiver Müll aus Atomanlagen: 10.168 g" |
Windmühlen in Luxemburg
In Betrieb: Geplant: Alle Anlagen sind in privaten Händen, mit Ausnahme von Remerschen, die als öffentliche Installation zu Demonstrationszwecken errichtet werden soll. Weitere geeignete Standorte für Windenergie Boxhorn, Hüncheringen, Diekirch, Bettendorf, Insenborn, Esch/Sauer, Wahl, Rambrouch, Neunhausen, Consthum, Colmar-Berg, Welsdorf, Berdorf, Medernach, Eppeldorf, Fels, Rippig, Altrier, Echternach, Schoos, Bourglinster, Brouch (Mersch), Beckerich, Hobscheid, Steinsel, Hunsdorf, Garnich, Petingen, Roedgen, Zolwer, Hassel, Flaxweiler (Quelle: Windatlas/Agence de l'Energie) |
Beeindruckende Zahlen, nachzulesen auf einer Informationstafel an einem der vier Windräder die auf dem "Pafebierg" bei Mompach elektrische Energie produzieren. Die einzelnen Räder haben eine Nennleistung von jeweils 600 kW/h (auf 500 kW/h gefahren), der erwartete Jahresertrag beträgt 3.28 GWh/a (3,28 Millionen Kilowattstunden Strom jährlich), was gleichbedeutend sei mit dem durchschnittlichen Elektrizitätskonsum von 1093 Haushalten.
Doch: Wo werden diese Schadstoffe "erspart"? Handelt es sich dabei nicht um eine Vortäuschung falscher Tatsachen?
DIE GRENZEN DES WINDES
Um den Bedarf an Elektrizität aller Haushalte Luxemburgs über Windenergie zu decken, wären rund 580 solcher Riesenpropeller nötig. Und schon schießen wir weit über die Grenzen dieser doch recht umweltfreundlichen Energiequelle hinaus. Windenergie funktioniert, wen wundert's, nur mit Wind, viel Wind. Und das setzt dem ganzen Unternehmen bereits einen gehörigen Dämpfer auf.
Die parastaatliche "Agence de l'Energie" hat einen sogenannten Windatlas erstellen lassen, in dem die mittleren Jahres-Windgeschwindigkeiten in 30 m Höhe für alle Gegenden des Landes aufgezeichnet sind.
Diesen Messungen zufolge kämen viele Standorte quer durch das Großherzogtum für Windmühlen in Frage, doch ist das nur eine rein theoretische Betrachtung. Viele Einschränkungen müssen nämlich in die Planungen miteinbezogen werden.
Um zu gewährleisten, daß die Windmühlen die Lebensqualität der Einwohner nicht negativ beeinträchtigen, darf ihr Geräuschpegel bei Wohnhäusern 35dB(A) nicht überschreiten. Das bedeutet, daß sie im Durchschnitt wenigstens 500 m von den Häusern entfernt sein müssen. Diese Distanz variiert zwar je nach Stärke der Anlage, doch reduziert diese Bedingung die Zahl der möglichen Anlagen bereits auf etwa 210.
Ein weiterer Stolperstein die Stärke des Cegedel-Netzes. Die nimmt mit der Entfernung zu einer Verteiler-Station nämlich ab, und da die von einer Windmühle erzeugte elektrische Energie direkt ins Netz eingespeist wird, kann das zu erheblichen Schwankungen. Das wiederum kann elektrische Geräte empfindlich stören. Je stärker das Netz, desto unmerklicher diese Schwankungen, so daß die Einspeisung nicht am Ausläufer eines Netzes erfolgen kann.
Das dürfte der 'Agence de l'Energie' zufolge die möglichen Standorte für Windräder nochmals erheblich verringern, doch ist nicht bekannt, auf wieviele, da die entsprechenden Berechnungen für jeden Fall einzeln durchgeführt werden müssen.
Doch selbst wenn alle möglichen Standort genutzt würden, wäre der
gesamte Luxemburger Elektrizitätsbedarf laut Angaben der Cegedel nur zu 1-2 %
gedeckt.
Also bietet die Windenergie doch keine Alternative? Ja und nein. Als alleinige Energiequelle vermag sie in der Tat die fossilen Brennstoffe nicht zu ersetzen, doch im Verbund mit anderen Maßnahmen und erneuerbaren Quellen - Sonnenenergie, Wasserkraft, Biogas, thermische Isolation der Gebäude, ... - kann sie einen beachtlichen Teil unseres Energiebedarfs decken.
Trotzdem: Eine Behauptung sollte man mit Vorsicht genießen. Und zwar, daß durch den Einsatz von Windenergie weniger Kohle verfeuert und so weniger Schadstoffe in die Atmosphäre gelangen würden. Wenn behauptet wird, alle Windanlagen, die jetzt in Luxemburg in Betrieb sind oder sich in den letzten Planungsstadien befinden (siehe Kasten), würden zu Ersparnissen von 23.400 t C02, 10.650 t Steinkohle oder 33.430 t Braunkohle führen, dann stimmt das nämlich nicht.
"Der Einspareffekt an C02 Emissionen liegt im schlechtesten Fall bei Null. Und nur theoretischen Bestfall kann eingespeiste elektrische Leistung aus Sonne und Wind nuklearen oder fossilen Brennstoff hundertprozentig ersetzen. (*)
Der Grund dafür ergibt s aus dem Umstand, daß Wind weder regel- noch gleichmäßig bläst, und also keine sicheren Prognosen über die Produktion von elektrischer Energie zuläßt. Um den unmittellbaren Strombedarf lückenlos decken zu können, werden Kraftwerke 'angedrosselt', das heißt, es wird mehr Dampf produziert, als zur Stromerzeugung direkt notwendig ist. Steigt die Nachfrage plötzlich, wird der Dampf zur Stromerzeugung umgeleitet, fällt sie, dann wird er mit dem Kühlwasser abgeleitet oder über Ventile in die Luften entlassen.
So werden auch die vom Wind verursachten Abweichungen vom vorausgesagten Bedarf ausgeglichen - allerdings auf Kosten der Umwelt. Faustregel gilt dabei: je mehr und unregelmäßiger der Wind bläst, desto größere Mengen an Kohle müssen verfeuert werden.
Verbesserte Voraussagen, mittels technisch aufwendiger Meldesysteme durchaus möglich, können wenigstens teilweise Abhilfe schaffen. In Dänemark ist dies der Fall. Auch eine Kombination der Windräder mit einer flexibleren Energieform, um die Schwankungen des Windes aufzufangen, bietet sich an. In Dänemark geschieht dies weitgehend mit Hilfe der norwegischen Wasserkraft, die dort 98% der Stromversorgung erledigt.
Die heimtückische Schlußfolgerung lautet jedoch, daß die Windenergie in erster Linie die saubereren Energiequellen verdrängt, die schneller auf die Angebotsschwankungen des Windes reagieren können, als die schwerfälligen und umweltbelastenden Kohlekraftwerken.
Um diesen umweltpolitischen Unsinn aus der Welt zu schaffen, schlagen verschiedene Energiefachleute vor, 10-20% der Elektrizität aus Windenergie in Bleibatterien bei den Anlagen zu stockieren, um Flauten auszugleichen.
Abgesehen davon, daß diese Maßnahme nur eine begrenzte Wirksamkeit hätte, dürfte sie jedoch auch die Wirtschaftlichkeit der Windräder nicht eben fördern, und die steht eh' auf tönernen Füßen. Auch in Luxemburg, das sowieso den weitaus größten Teil seines Strombedarfs bei der deutschen RWE deckt, ist die Einführung der Windenergie eher das Resultat einer politischen denn einer wirtschaftlichen Entscheidung.
Zwar wird in Deutschland wohl kaum ein Kilogramm Kohle weniger verfeuert, wenn auf den Öslinger Höhen Windmühlen drehen, doch verringern sich unsere Elektrizitätsimporte um die einheimische Produktion.
Bild:
Landwirtschaftliches Silo auf dem Pafebierg bei Mompach, nur ein paar hundert Meter von den vier, 70 m hohen, Windmühlen entfernt: der Landwirt, Romain Classen, mußte wegen seines angeblich zu hohen Silos viele administrative Schikanen über sich ergehen lassen
Damit diese Produktion aber rentabel ist, wird sie direkt finanziell bevorzugt. Die Investition für eine mittlere Anlage (Nennleistung 600 kW/h) liegt bei rund 25 Millionen LUF. Sowohl der Bau des Rades als auch die Anbindung an das Cegedel-Netz werden vom Staat direkt bezuschußt. Dazu kommt, daß die Cegedel gesetzlich verpflichtet ist, allen produzierten Strom zu kaufen, und das zu einem Preis, der bei rund 4.-LUF pro kW/h um 1.- LUF höher ist, als üblich.
Das wiederum ruft den Unmut der Landwirte hervor, die viel Geld in Biogasanlagen investieren, jedoch keinen Vorzugspreis für die so produzierte Elektrizität erhalten. Diese Diskrepanz wird mit dem Zufallsfaktor begründet, der das wirtschaftliche Risiko bei einer Windanlage unberechenbarer macht. Mehr als wirtschaftliche Überlegungen, dürfte jedoch die umweltpolitische Signalwirkung ausschlaggebend gewesen sein.
Indem die Cegedel alle ihre verschiedenen Einkaufspreise zusammenschlägt
und daraus einen Durchschnittspreis für den Verkauf ihrer Elektrizität
errechnet, gibt sie den Aufpreis für Strom aus Windanlagen mittelbar an die
Verbraucher weiter.
Die Luxemburger Bevölkerung scheint der Windenergie eher unschlüssig gegenüber zu stehen. Während verschiedene Projekte, wie in der Gemeinde Junglinster, nicht zuletzt wegen
Bürgerprotesten auf Eis gelegt worden sind, stehen die Einwohner anderer Ortschaften mehr oder weniger geschlossen hinter den geplanten Anlagen.
So haben nur ein halbes Dutzend Interessenten Einblick in die, im Rahmen
der Kommodo/Inkommodo-Prozedur ausliegenden, Unterlagen zum geplanten Windpark
in der Gemeinde Heinerscheid verlangt. Zwei Beanstandungen wurden angemeldet,
denen inzwischen Rechnung getragen wurde. Prinzipielle Einwände gab es keine.
Der Windpark Heinerscheid wird mit elf Windmühlen die größte Anlage des
Landes werden. Gesellschafter sind unter anderem die Cegedel und die Gemeinde
Heinerscheid, die einen Großteil ihrer Anteile jedoch an die Einwohner der
Gemeinde abgeben will. Wenn alle administrativen Hürden im Rahmen der (sehr
aufwendigen) Genehmigungsprozedur genommen sind, dann kann binnen Tage mit dem
Bau begonnen werden.
Auch wenn es dem Zeitgeist entsprechend politisch nicht korrekt ist, der Windenergie eher skeptisch gegenüber zu stehen, so räumen jedoch selbst ihre Verfechter ein, daß die bis zu 100 m hohen Installationen sich nicht gut in die Landschaft einfügen. Sie sind schlicht und ergreifend häßlich, und zerstören das Landschaftsbild.
Wenn man aber bedenkt, was die Umwelt- und die Forstverwaltung wegen eines
landwirtschaftlichen Silos oder eines Stallneubaus oftmals für ein Theater
mit den unmöglichsten Auflagen machen, dann ist es nicht weiter
verwunderlich, daß viele Leute sich veräppelt vorkommen.
Doch für politische Symbole gelten andere Maßstäbe.
Georges Zens
(*) Matthias Brendel: " In den Wind geschrieben", in: Die Zeit, Nr 32, 30. Juli 1998
Revue Nr 39, 1998
voir aussi :
Windmühlen in Bourglinster: Nimby hat gesiegt
Windpark
Heiderscheid im Entstehen
Electrabel
baut Windpark in Elsenborn (B)